„Maßgeschneiderte Lösung für Bauherren” – Architekt Schell im Interview

Wieso sollten private Bauherren einen Architekten für die Planung und den Bau ihres Eigenheims beauftragen? Welche Vorteile bieten sich gegenüber Bauträgern etc.?

Ein Architekt ist in der Lage, für den Bauherrn eine maßgeschneiderte Lösung zu finden. Der Bauherr bekommt genau das, was er haben will und was er bezahlen kann. Seine Wünsche werden erfüllt und er muss weniger Kompromisse eingehen. Im Vergleich zu einem Bauträger bietet ein Architekt dem Bauherrn für dasselbe Geld den hochwertigeren Bau.

Was zeichnet ein modernes privates Eigenheim aus? Wo liegen die aktuellen Trends?

Meine Erfahrung ist: Bei individuell geplanten Eigenheimen gibt es keine Trends. Von der kleinteiligen Wohnung bis zum Loft, vom geschlossenen Zuschnitt mit gleichgroßen Zimmern bis zum offenen Grundriss existiert alles nebeneinander. Jeder Bauherr hat eine andere Lebensplanung. Die Planung des Eigenheims ist daher vollkommen individualisiert.

Wie lassen sich hochwertige Gestaltung und Bezahlbarkeit harmonisch vereinen?

Eine hochwertige Gestaltung muss nicht zwangsläufig aufwendige Materialien nutzen. Oder anders gesagt: Man kann auch mit günstigen Materialien hochwertig gestalten. Es kommt dabei viel mehr auf das Proportionsspiel an. Das wird oft verwechselt.

In welchen Bereichen sollten Bauherren auf keinen Fall sparen?

Hier gibt es zwei Bereiche: Das eine ist die Grundkonstruktion des Gebäudes. Hier würde ich eine Konstruktion in Massivbauweise bevorzugen. Das andere ist die Haustechnik zur Heizung und Warmwasserbereitung.

Wie lassen sich Ein- und Zweifamilienhäuser besonders energieeffizient gestalten?

Beim Thema Energieeffizienz gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Bereits den Entwurf kann man so anlegen, dass er möglichst viel Energie wie die Sonnenenergie passiv nutzt. Dazu müssen natürlich die Rahmenbedingungen des Grundstücks und – sofern vorhanden – des Bebauungsplans passen. Große Fensterflächen ermöglichen es zudem, Kosten für die Beleuchtung zu sparen. Die Wärmeversorgung hängt davon ab, wo sich das Gebäude in Deutschland befindet. Über den Entwurf und die Haustechnik kann man bereits ein hohes Maß an Energieeffizienz erreichen. Das Thema Dämmung finde ich eher problematisch. Denn je mehr man dämmt, desto dichter wird das Gebäude. Außerdem sind manche Dämmstoffe nicht umweltverträglich und ihre Entsorgungsfrage ist nicht geklärt.

Es gibt für die Wärmeversorgung eines Hauses nicht den einen Königsweg. Es kommt darauf an, was für ein Typ die Bewohner sind, wie warm sie es beispielsweise haben möchten. Ob Wärmepumpe oder Pellets – bei der Wahl des Heizsystems muss man immer schauen, was zu den Nutzern passt. Systeme auf Basis der erneuerbaren Energien sind dabei schon von vielen Bauherren gewünscht, scheitern manchmal allerdings am Geld.

Welcher Komfort ist im modernen Hausbau möglich und gängig?

Grundsätzlich kann man das ganze Haus mit Technik ausstatten. Sinnvoll ist es allerdings, wenn der Bauherr auch der Typ dafür ist. Die Systeme funktionieren nur dann, wenn sie auch entsprechend genutzt werden. Hier muss man sich die Frage stellen, ob man sich der Technik in diesem Sinne unterordnen möchte. Ich versuche die Bauherren daher immer zu dem Gedanken zu führen: Was wollt ihr? Nicht: Was geht, sondern was wollt ihr?

Wie sind die Abläufe bei einem individuell geplanten Hausprojekt? Wie werden die Bauherren eingebunden und wie läuft eine klassische Beratung ab?

Die Abläufe sind absolut individuell auf den jeweiligen Bauherren abgestimmt. Wir machen zunächst einen Fragenkatalog und versuchen unter anderem die Interessen und Lebensgewohnheiten herauszufinden. Manchmal bringen die Bauherren bereits eigene Skizzen mit, dann kann man daran weiterarbeiten. Ein solches Gespräch kann leicht zwei bis drei Stunden dauern. Danach machen wir einen ersten Entwurf, anschließend können wir in den Grundriss einsteigen und so wird das Projekt immer konkreter. Wir geben immer viele Informationen und fordern dann Entscheidungen. Mit unserer eigenen Meinung halten wir uns bei diesem Prozess komplett heraus. Der Schwerpunkt liegt auf dem Beraten: zum Grundriss, zu den möglichen Bauprodukten und zu potenziellen Fördermitteln.

Wie begleiten Sie als Architekt die Bauphase? Welche Einflussmöglichkeiten gibt es für den Bauherrn zu diesem Zeitpunkt noch?

Sofern der Bauherr es wünscht, übernehmen wir auch die Bauleitung. Bei unseren eigenen Planungen ist das die Regel. Während der Bauphase sind die Einflussmöglichkeiten dann verhältnismäßig begrenzt, da Änderungen – zum Beispiel am Grundriss – direkt ins Geld gehen. Die umfassende Planung im Vorfeld ist daher wichtig, um solche Änderungswünsche zu vermeiden.

Wie verhält sich ein Bauherr richtig, wenn er einen Baumangel erkennt?

Richtig ist, sofort den Architekten anzusprechen und nicht die Handwerker auf der Baustelle verrückt zu machen. In den frühen Phasen ist es für den Laien schwer, die Baufortschritte richtig einzuschätzen. Später, wenn das Finish gemacht wird, kann der Bauherr natürlich auch Baumängel erkennen.

Das größte Zukunftspotenzial liegt im Massivbau. Ich bin dabei ein Fan vom Massivholzbau. Er bietet sehr viele Vorteile bezüglich der Nachhaltigkeit und des Raumklimas. Außerdem ist man bei der Formgebung freier.

Was zeichnet ein modernes Mehrfamilienhaus aus?

Ein Mehrfamilienhaus ist vom Grundsatz her ökologisch und ökonomisch besser als ein Einfamilienhaus. Durch die effizientere Nutzung der Baufläche ist die Zersiedelung der Landschaft bei einem Mehrfamilienhaus geringer. Mit dem Konzept der „gestapelten Einfamilienhäuser“ (siehe Referenzen) haben wir gezeigt, dass dabei gleichzeitig ein hoher Grad an Individualität möglich ist. Ein modernes Mehrfamilienhaus sollte von den Grundrissen so flexibel sein, das sich die Wohneinheiten schnell den sich wandelnden Lebensbedingungen anpassen lassen. Beispiele hierfür sind die Umgestaltung einer Einzimmerwohnung zu einer Wohnung mit mehreren Zimmern oder der relativ leichte, altersgerechte Umbau.