„Gestaltung dem Bauherrn anpassen” – Konrad Paulick im Interview

Architekt Konrad Paulick im Gespräch

Architekten.de Redaktion     |     Aktualisiert am: 8. Dezember 2020
Lesezeit:  Minuten

Wie gehen Sie an die Planung eines Eigenheims oder den Umbau eines bestehenden Hauses heran?

Unser Büro verfolgt einen eher ganzheitlichen Ansatz bei der Gebäudeplanung. Um welche Gebäudenutzung handelt es sich? In welchem Umfeld befindet sich das Gebäude, mit welchen Wechselwirkungen?


Bei Bestandsgebäuden steht die zukünftige Nutzung bzw. Umnutzung unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit im Mittelpunkt. Somit ist eine gründliche Bestandsaufnahme der Umgebung sowie der Gebäudesubstanz im Umnutzungsfalle wesentliche Grundlage. Sind die Grundlagen ermittelt, folgt die Abstimmung mit den Bauherren in ausführlichen Gesprächen, um die Ziele zu definieren. Unser Büro verfolgt hierbei keine festgelegte Formensprache, sondern legt darauf Wert die Wünsche der Bauherren in Form und Ausstattung umzusetzen.

In welchen Bereichen sollten Bauherren auf keinen Fall sparen?

Bei der Auswahl der Baustoffe sollte auf Nachhaltigkeit geachtet werden. Konstruktionen sind so zu wählen, dass Pflege und Ersatz über längere Zeiträume kostengünstig durchführbar sind. Unnötig komplizierte Detailausbildungen mit häufig geringerem Vorteil sollten vermieden werden. Konstruktionen sollten Material- und Funktionsgerecht gewählt werden. Grundrisse und Raumfolgen sollten auf Funktionalität und Variabilität ausgelegt sein.

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Wie ist das Thema Nachhaltigkeit im Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern und im Bewusstsein der Bauherren verankert?

Hier gibt es leider eine große Bandbreite, welche zumindest teilweise auf fehlende Informationen zurückzuführen ist. Wir legen darum großen Wert auf die Beratung der Bauherren in Material- und Technikfragen mit dem Ziel Gebäude umweltverträglich zu gestalten.

Wie sieht eine moderne Wärmeversorgung aus?

Hier ist eine kurze Antwort schwierig, da es eine Vielzahl geeigneter Konzepte gibt, welche jedoch vom Standort und den verfügbaren Energieträgern abhängen. Auf Fossile Energieträger kann aus unserer Sicht in der Regel verzichtet werden. Am Beispiel der "Kranzer Terrassen" haben wir den Einsatz von Geothermie realisiert. Hier wird die Energie über 13 Erdsonden aus 99 Metern Tiefe in das Gebäude geholt. Im Sommer kann diese Technik zur Unterstützung der Gebäudekühlung herangezogen werden. Der notwendige Strom für die Wärmepumpen kann über Photovoltaik erzeugt werden.Die Investitionskosten sind zwar höher als bei anderer Heiztechnik, langfristig wird dies jedoch bei den Betriebskosten eingespart. Pelletheizungen halten wir innerstädtisch eher für problematisch. Wichtig erscheint uns, dass die Wahl der Energieversorgung sorgfältig unter Einschaltung eines Energieberaters geplant wird, da hier ein Wechselspiel zwischen Energieeintrag und Verbrauch zum Tragen kommt.

Welcher Komfort ist im modernen Hausbau möglich und gängig?

Der Trend geht immer mehr zum geregelten Gebäude. Das fängt mit der ferngesteuerten Heizung an, geht über abrufbare Beleuchtungsszenarien bis zum Kühlschrank der den Einkaufsbedarf feststellt. Hierfür ist ein entsprechender Steuerungsaufwand notwendig, welcher auch nicht immer störungsfrei ist. Es ist sicherlich sinnvoll Heizung, Beleuchtung und Verschattung eines Gebäudes zu regeln. Die Systeme sollten aber beherrschbar bleiben. Durch entsprechende Materialwahl und nutzungsgerechte Zonierung eines Gebäudes lässt sich übermäßige Regelungstechnik vermeiden.

Wie sind die Abläufe bei einem individuell geplanten Hausprojekt?

Bei einem Neubau beginnt es damit, zu klären, ob die Wünsche des Bauherrn im Rahmen des Bauplanungsrechts umgesetzt werden können. Hier gibt es eine Vielzahl von Vorgaben durch Bebauungspläne, Vorstellungen der Stadt oder Gemeinde. Des Weiteren steht die Prüfung an, ob das vorgesehene Budget ausreicht. Bei innerstädtischen Bauvorhaben ist vorrangig zu klären, ob besondere Auflagen für das gewählte Grundstück bestehen oder besondere Fördergebiete festgelegt sind. Auch auf Bezirksebene festgelegte Sonderregelungen wie z. b. Milieuschutzsatzungen sind zu beachten.

Welche Aufgaben übernehmen Sie als Architekt bei den notwendigen Vorarbeiten zum Hausbau oder beim Kauf einer Immobilie?

Bei Neubauten können wir eine Machbarkeitsstudie anfertigen, um im Grundsatz zu klären, ob der Bauherrenwunsch am gewählten Ort im vorgegebenen Budget realisiert werden kann. Beim Erwerb von Altbauten  können Voruntersuchungen der Bausubstanz durchgeführt werden, um Kostenrisiken für die spätere Sanierung zu erkennen und zu bewerten. Gegebenenfalls kann dies den Kaufpreis beeinflussen oder dazu führen von einem vordergründig interessanten Kauf zurückzutreten.

Wie verhält sich ein Bauherr richtig auf der Baustelle? Kann er eine fachgerechte Bauausführung erkennen?

Bei aller Neugier sollte ein Bauherr auf der Baustelle vorsichtig sein und diese nur in Abstimmung mit der Bauleitung betreten. Eine Baustelle ist ein gefährlicher Ort. Sollten ihm Dinge auffallen, welche er als falsch empfindet, sollte er die Bauleitung informieren. Direkte Anweisungen an einzelne Handwerker oder Firmen sollten unterbleiben. Anregungen zur Verbesserung sollten an Planer und Bauleiter gerichtet werden.

Ein Schwerpunkt Ihres Büros sind auch Bauherrengemeinschaften. Welche Vorteile bietet ein solches Modell? 

Im Vergleich zum fertigen Produkt der Eigentumswohnung in einem Haus mit zufällig "zusammen-gewürfelten" Mitbewohnen, bietet ein Baugruppenmodell die Möglichkeit, gemeinsame Konzepte zu verwirklichen und das Gebäude gezielt an die Wünsche der Bewohner, auch bei hoher individueller Ausprägung, anzupassen. An die Planer werden hier jedoch erhöhte Anforderungen gestellt, da Sie es mit einer Vielzahl von Entscheidern zu tun haben die zu koordinierte sind, wobei Anforderungen vielfältigster Art bestehen. Vorteile liegen in der Möglichkeit Gemeinschaftseinrichtungen wie z. B. Gästewohnungen, Veranstaltungsräume, Musikräume, eine Werkstatt oder ähnliches zu integrieren.


Welche Bauweise bietet das größte Zukunftspotenzial?

Es gibt keinen Baustoff, bei dem ich sagen würde, das ist generell der richtige. Ich glaube allerdings nicht, dass sich innerstätisch der Holzbau durchsetzen wird, weil hier einfach die Auflagen zu hoch sind. In Stadtrandgebieten ist diese Bauweise hingegen durchaus interessant. Spannend finde ich technische Innovationen, wie die Möglichkeiten von "3D-Druckern". In Japan wurde beispielsweise ein komplettes Haus mit "3D-Drucker", welche jedoch flüssigen Beton verwenden, gebaut. Das Bauwesen wird zunehmend industrialisiert. Auch die Elementierung von Gebäude und Bauteilen rückt wieder in den Fokus, da hier Kostenreduzierungen erhofft werden.


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