„Lebenssituation als Planungsgrundlage” – Architekten-Interview

Klaus Pons spricht mit Architekten.de

Architekten.de Redaktion     |     Aktualisiert am: 11. Dezember 2020
Lesezeit:  Minuten


Wieso sollten private Bauherren einen Architekten für die Planung und den Bau ihres Eigenheims beauftragen?

Bei einem Architekten ist der Bauherr am besten aufgehoben und bekommt all seine Fragen beantwortet. Aus der Baubetreuung weiß ich, dass sich Bauherren bei Schlüsselfertiganbietern oft nicht richtig verstanden fühlen oder Wünsche sogar ignoriert werden. Gerade in der Entwurfsphase wird sich häufig nicht genug Zeit genommen. Vielen Bauherren fällt es außerdem schwer, Pläne zu lesen – hier hilft nur Offenheit gegenüber dem Architekten.


Wo liegen die aktuellen Trends beim modernen privaten Eigenheim?

Bei privaten Eigenheimen verfolgt jeder Bauherr seine eigenen Vorstellungen. Dennoch gibt es einen erkennbaren Trend in die Richtung, viel Glas zu nutzen und viele offene Flächen zu schaffen. Für die Planung bedeutet das, darauf zu achten, dass keine Probleme wie Akustik oder Zugerscheinungen durch diese offene Gestaltung entstehen.

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Wie lassen sich hochwertige Gestaltung und Bezahlbarkeit harmonisch vereinen?

Die Themen Gestaltung und Bezahlbarkeit lassen sich gut vereinbaren. Dafür ist wichtig, dass nicht jede modernste Technik eingebaut, sondern die Ausführung an die Ansprüche angepasst wird. „Brauche ich das oder will ich das, weil es der Nachbar hat?“ ist eine Frage, die sich Bauherren stellen sollten. Denn das Neueste ist immer teuer.

In welchen Bereichen sollten Bauherren auf keinen Fall sparen?

Aus gestalterischer Sicht sollte nicht an der Fenstergröße gespart werden. Größere Fenster heben einfach die Wohnqualität. Und an Fragen sollten Bauherren keinesfalls sparen! Beim Kauf eines Autos werden häufig mehr Fragen gestellt als bei einem Hausbau.

Wie ist das Thema Nachhaltigkeit im Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern und im Bewusstsein der Bauherren verankert?

Das Thema Nachhaltigkeit kommt zunehmend ins Bewusstsein der Bauherren. Allerdings gibt es auch hier Unterschiede, die es zu beachten gilt: Dämmung ist beispielsweise nicht gleich Dämmung. Nur mit entsprechenden Materialien kann die Diffusionsoffenheit der Außenwände erhalten bleiben.

Wie lassen sich Ein- und Zweifamilienhäuser besonders energieeffizient gestalten?

Wichtig sind ein intelligenter Grundriss und ein zurückhaltend gestalteter Baukörper. Räume, die dauerhaft beheizt werden müssen, sollten zum Beispiel nicht nach Norden zeigen. Generell finde ich das Thema „Low Tech“ wichtig und sehe unter anderem Lüftungsanlagen kritisch. Zwar werden unsere Häuser immer dichter, immer mehr Technik muss allerdings auch gewartet werden.

Wie sieht eine moderne Wärmeversorgung aus?

Die Gestaltung der Wärmeversorgung hängt letztlich vom Bauherrn ab. Bei fossilen Energieträgern ist die Brennwerttechnik ohne Frage eine moderne Lösung. Ansonsten lassen sich Kaminöfen, Solaranlagen oder Wärmepumpen einbinden. Ein wichtiges Thema bei der Wärmeverteilung sind Fußbodenheizungen, da sie mit geringen Vorlauftemperaturen und damit sehr effizient arbeiten.

Welcher Komfort ist im modernen Hausbau möglich und gängig?

Die Hausautomation darf man nicht überschätzen. Auch hier gilt für mich das Motto „Low Tech“. BUS-Systeme müssen zunächst programmiert werden. Wer ein Technik-Fan ist, wird damit zwar kein Problem haben. Allerdings sind viele Funktionen eher eine Spielerei, die sich im Alltag relativiert. Ein Beispiel für sinnvolle Hausautomation, das inzwischen zum Standard geworden ist, sind elektrische Rollläden.

Welche Trends gibt es bei der Raumaufteilung und Innenraumgestaltung?

Viel Licht und offene Raumverbände liegen im Trend. Bei der Planung muss man allerdings aufpassen, dass sich dies nicht widerspricht, solange beispielsweise Kinder im Haus sind. Bei der Planung der Raumaufteilung sollte die Lebenssituation als Grundlage dienen. Eine intelligente Planung in Richtung Mehrfachnutzung ist wichtig. Ein intelligentes Haus ist so konzipiert, dass man z.B. auch zwei Wohnungen daraus machen kann, ohne das ganze Haus umbauen zu müssen.

Wie sind die Abläufe bei einem individuell geplanten Hausprojekt?

In den meisten Fällen ist bereits ein Grundstück vorhanden. Dann stellen sich die Fragen, wie viele Personen in dem Haus einmal wohnen sollen und was die Vorstellungen der Bauherren sind. Eventuell haben sie schon Bilder im Kopf. Aufgrund des Grundstücks kann der Architekt dann einschätzen, welche Gebäudegröße möglich ist. Dann kann auch eine Einschätzung erfolgen, wo die Kosten ungefähr liegen.

Worauf sollten Bauherren bei den Formalien achten? Wo lauern die Fallstricke?

Wichtig ist, die Kosten im Blick zu behalten. Es sollte auf jeden Fall ein Kostenrahmen für das Bauprojekt abgestimmt werden. Außerdem sollten die Bauherren die Bauzeit nicht vergessen. Wann ist der Zeitpunkt, an dem das Haus fertig sein muss? Die Entwurfsfindung nimmt bei der Planung die meiste Zeit in Anspruch. Großer Beratungsbedarf besteht dann auch bei der Auswahl der Materialien.

Wie verhält sich ein Bauherr richtig, wenn er bei der Ausführung einen Baumangel erkennt?

Zuerst sollte er sich an seinen Architekten wenden. Oder an den Bauleiter, sofern mit einem Bauträger gebaut wird. Bauherren sollten allerdings auch keine Scheu haben, die Handwerker zu fragen und sich die Ausführung erklären zu lassen.

Welche Bauweise bietet das größte Zukunftspotenzial?

Der Massivbau wird für die Masse der Bauprojekte bleiben. Holzbau hat zwar den ungeschlagenen Vorteil der Nachhaltigkeit, ist allerdings spezieller und verlangt mehr Fachwissen. Er wird dem Massivbau nicht den Rang ablaufen.


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