„Bauen im Gesundheitswesen” – Architekten-Interview

Im Dialog mit Jochen Eggert

Architekten.de Redaktion     |     Aktualisiert am: 11. Dezember 2020
Lesezeit:  Minuten

Schwerpunkt Gesundheitswesen und Nicht-Wohnungsbau

Einer Ihrer Schwerpunkte ist die Planung im Gesundheitswesen. Wie hat sich dieser Schwerpunkt ergeben?

Der Schwerpunkt hat sich über meine Eltern ergeben, die in der Anfangszeit mit Wettbewerben im Gesundheitswesen erfolgreich waren. Seitdem wurde diese Spezialisierung weiter ausgebaut und zusammen mit meinen Bruder Marc Eggert und mir weiter fortgeführt.

Was sind die besonderen Anforderungen der Bauaufgabe?

Im Vergleich zu anderen Bauaufgaben gibt es noch straffere Vorschriften im Hinblick auf Brandschutz, Hygiene und Barrierefreiheit. Ebenso sind auch Wegeführung und die Größe der Zimmer mit Badezimmern zu beachten. Die technische Ausrüstung in einem Krankenhaus ist enorm und muss im Vorfeld bedacht werden. Man muss also gut zusammenarbeiten können und die vorgegebenen Richtlinien kennen, um erfolgreich zu sein.

Welche aktuellen Entwicklungen gibt es beim Bauen im Gesundheitswesen?

Der Trend geht mittlerweile dahin, dass ein gehobener „Hotel-Standard“ auch bei Krankenhäusern gewollt wird. Es wird großzügiger geplant, da man nach dem Prinzip der „Salutogenese“ davon ausgeht, dass eine menschenwürdige Umgebung zur schnelleren Genesung und damit zur Verkürzung der Belegzeiten beiträgt.

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Was macht die Planung im Gesundheitswesen aus? Welches Ziel verfolgen Sie dabei?

Häufig werden Krankenhäuser von öffentlichen Auftraggebern ausgeschrieben und bestellt. Wir befassen uns zuerst mit den städtebaulichen Fragen, also darum, wie sich das Neue bestmöglich in den bereits vorhandenen Strukturen einfügt. Davon ausgehend arbeiten wir dann daran, einen möglichst wirtschaftlichen und nachhaltigen Betrieb für Patienten und Mitarbeiter zu ermöglichen. Das Ziel dabei ist, möglichst viel Licht, Luft und Raum zu erreichen, aber das ist natürlich nicht immer möglich.

Welche Herausforderungen stellen öffentliche Bauwerke ganz generell?

Abhängig von deren Funktion sind öffentliche Bauwerke vorrangig für die Öffentlichkeit bestimmt. Daher müssen hohe Auflagen hinsichtlich des Brandschutzes, aber auch der Hygiene ergriffen werden, um einen Aufenthalt in solchen Gebäuden sicherzustellen.

Welche Anforderungen gibt es hier?

Der Brandschutz kann vielseitig und kompliziert sein, je nach Funktion, Größe und Bewohnern. In einem sehr großen Krankenhausbau gelten zum Beispiel sehr hohe, in einem kleinen Bürobau eher überschaubare Anforderungen. Ein wichtiger Aspekt sind Fluchtweglängen von maximal 35 Metern bis zum Erreichen eines notwendigen Treppenraumes/Sicherheitstreppenraumes. Hinzu kommen noch weitere Abhängigkeiten, zum Beispiel die Größe der Nutzungseinheiten oder Brandschutzzonen, die Anzahl der Fluchttreppenräume, der Brandüberschlag etc. Um all diese Forderungen umzusetzen, sollte man grundsätzlich immer einen Brandschutzbeauftragen im Planungsteam haben.

Wie ist eine optimale Arbeitsstätte architektonisch gestaltet?

Das hängt ganz von der jeweiligen Funktion ab. Ob Schule, Polizeipräsidium, Krankenhaus oder Gefängnis – jede Arbeitsstätte hat andere Anforderungen an uns als Planer.

Wie begleiten Sie als Architekt die Bauphase? Welche Einflussmöglichkeiten gibt es für den Bauherrn zu diesem Zeitpunkt noch?

Auf Basis eines visualisierten 3D-Gebäudemodells und einer offenen Kommunikation zwischen Bauherr und Auftraggeber sollte der Entwurf bis zur Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) so ausgearbeitet sein, dass er vor Ort 1:1 umgesetzt werden kann. In manchen Fällen können aber auch noch während der Bauausführung Änderungswünsche des Bauherrn mit einfließen.

Wie ist das Thema Nachhaltigkeit im Bewusstsein Ihrer Bauherren verankert?

Nachhaltigkeit spielt heute insofern eine Rolle, als dass wir uns in der Pflicht sehen, der nächsten Generation ein solides und funktionierendes Gebäude zu hinterlassen. Dabei muss das Gebäude so hergestellt werden, dass es auch in Zukunft noch funktioniert.

Welches Potenzial bieten Siegel und Zertifikate zum nachhaltigen Bauen?

DGNB-, LEED- und BREAM-Zertifikate garantieren eine nachhaltige Planung für den Bauherrn. Die Anforderungen, die damit im Hinblick auf die Materialwahl, die Energieeffizienz und die Einhaltung von U-Werten erfüllt werden, sind meist höher als die Anforderungen der EnEV bzw. der DIN 18599.

Schwerpunkt Wohnungsbau

Wieso sollten private Bauherren einen Architekten für die Planung und den Bau ihres Eigenheims beauftragen?

Wir verstehen uns als Dienstleistungsbetrieb und bieten einen individuellen, transparenten und auf den Bauherrn zugeschnittenen Planungsprozess, mit dem Ziel, jeden einzelnen Bauherrnwunsch zu beachten und umzusetzen. Seine/Ihre Vorstellungen werden mittels eines 3D-visualisierten Gebäudemodells umgesetzt und veranschaulicht. Somit können Architektur, technische Ausstattung und Raumerlebnis optimiert werden und außerdem Materialien und die Inneneinrichtung aufeinander abgestimmt werden, bevor das Gebäude gebaut wird. Dies wäre bei einem Bauträger mittels Baukastenprinzip „von der Stange“ nicht möglich, da man hier gezwungen ist, sein Gebäude und die Innenausstattung aus einem Katalog auszuwählen.

Was zeichnet ein modernes privates Eigenheim aus?

Mit einem Architekten kann sich der zukünftige Eigentümer sein Gebäude aufbauend auf dem Bebauungsplan und den Gegebenheiten vor Ort individuell zurechtschneiden. Zudem legen wir auch Wert auf kontextbezogenen Städtebau, auf nachhaltiges Planen und auf eine solide, kostenbewusste Bauweise.

Wie lassen sich hochwertige Gestaltung und Bezahlbarkeit harmonisch vereinen?

Seit mehr als 30 Jahren planen wir mit unseren Fachplanern für Technische Gebäudeausstattungen und Statik zusammen. Unsere Planungsteams sind aufeinander abgestimmt. Somit können Synergieeffekte die Gebäudekosten gering halten.

In welchen Bereichen sollten Bauherren auf keinen Fall sparen?

Wir beraten Bauherren zu allen Fragen. Das Sparpotenzial geht einher mit einer robusten Konzeptidee des Bauherrn. Nur so können die Bauherrenwünsche und das Budget gezielt aufeinander abgestimmt werden. Eine grundlegende Frage ist zum Beispiel, ob das Gebäude nach Fertigstellung selbst genutzt oder anschließend verkauft werden soll.

Wie lassen sich Ein- und Zweifamilienhäuser besonders energieeffizient gestalten?

Die Energieeffizienz von Ein- und Zweifamilienhäuser-Neubauten richtet sich nach der gültigen EnEV (Energieeinsparverordnung). In enger Zusammenarbeit mit unseren Energieberatern können wir KfW-Kredite und Zuschüsse beantragen, um damit ein kostengünstiges Angebot zu erstellen.

Wie sieht eine moderne Wärmeversorgung aus?

Ein Energiebedarf ist auch abhängig vom Entwurf: Die Lage, die Anzahl der Bewohner, die Kompaktheit des Gebäudes und die Gebäudehülle sind wesentliche Faktoren, um darauf eine Wärmeversorgung abzustimmen. Zu einer guten Gebäudehülle können verschiedene effiziente Wärmeversorgungen eingesetzt werden: Ein Brennwertkessel oder eine Holzpellet-Anlage kombiniert mit PV oder Solarthermie oder eine Wärmerückgewinnung mittels Luft oder Wasser sind heute Stand der Technik.

Welcher Komfort ist im modernen Hausbau möglich und gängig?

Automatisierungen von verschiedenen Applikationen im Haus wie Licht, Rollläden oder Heizung werden mehr und mehr zum Standard. Es ist darauf zu achten, dass diese möglichst „aus einer Hand“ kommen und mit einer Steuereinheit geplant werden.

Welche Trends gibt es bei der Raumaufteilung/Innenraumgestaltung?

Auch die Innenraumgestaltung ist abhängig von den Anforderungen an das Gebäude. Generell sollte eine hohe Flexibilität eingeplant werden, um zukünftigen Mietern alle Freiheiten zu geben.

Welche Anforderungen stellen sich an Brand- und Einbruchschutz?

Brandmelder in Fluchtwegen und schutzbedürftigen Räumen sind seit 2015 vorgeschrieben. Ein effektiver Einbruchschutz kann über verschiedene Wege realisiert werden, ist aber nicht zwingend vorgeschrieben.

Wie sind die Abläufe bei einem individuell geplanten Hausprojekt?

Die Vorstellungen und Wünsche des Bauherrn sowie der Bebauungsplan des Grundstücks bilden die Basis für einen gemeinsamen Entwurf zwischen Architekt und Bauherr. Als Vorentwurf wird ein 3D-Gebäudemodell mit „Walk-through“-Möglichkeit (BIMx) erstellt, um so dem Bauherrn den besten Eindruck des zukünftigen Objektes zu ermöglichen. Auf dieser Basis können dann schnell Anpassungen und Wünsche ermittelt werden.

Welche Aufgaben übernehmen Sie als Architekt bei den notwendigen Vorarbeiten zum Hausbau?

Wir bieten unseren Bauherren ein „Rundum-Sorglos-Paket“ an. Darin enthalten sind neben dem Bauantrag und allen möglichen Förderanträgen (KfW, Stadt, Familienförderprogramme) alle 9 Leistungsphasen (von der Grundlagenermittlung bis zur Objektbetreuung) nach HOAI (Honorarordnung der Architekten). Pauschalangebote werden auch akzeptiert.

Worauf sollten Bauherren bei den Formalien achten? Wo lauern die Fallstricke?

Unser Planungsprozess orientiert sich an vorhanden rechtsgültigen Planungsrichtlinien und den DIN-Standards.

Wie können Bauherren eine fachgerechte Bauausführung erkennen?

Eine fachgerechte Bauausführung der Planung und der fachgerechte Einbau sämtlicher Bauteile werden durch den Architekten gemäß einer Planung auf Basis gültiger DIN-Normen (Deutsche Industrienorm), als auch durch die ausführenden Firmen und die Bauteilhersteller über Zertifikate und Prüfzeugnisse rechtskräftig belegt.

Wie verhält sich ein Bauherr richtig, wenn er einen Baumangel erkennt?

Baumängel sollten immer der Firma gemeldet werden, die die Bauüberwachung (LP 8) übernommen hat. Geht es um einen eindeutigen Planungsfehler, der auf eine unsachgemäße Planung hinweist und aus dieser resultiert, dann sollte auch der Architekt hinzugezogen werden.

Was zeichnet ein modernes Mehrfamilienhaus aus? Wo liegen die Trends?

Ein modernes Mehrfamilienhaus ist dann modern, wenn die Besitzer sich darin wohlfühlen. Aktuelle Trends und Modeerscheinungen im Ausbau und auch die technische Gebäudeausstattung entwickeln sich sehr schnell. Die Herausforderung des Planers steckt darin, dem Bauherrn aktuelle und wirtschaftliche Angebote zu unterbreiten, aber auch von „langbewährten“ Details nicht abzuweichen.

Welche Bedeutung hat die altengerechte oder barrierefreie Gestaltung von Mehrfamilienhäusern?

Altengerechte oder barrierefreie Ausführungen bieten eine nachhaltige Planungsstrategie und werden vom Land/Stadt bezuschusst. Wir setzen diesen Ansatz in vielen unserer Planungen ein. Mit unserer 30-jährigen Erfahrung im altengerechten Bauen können wir unsere Auftraggeber beispielsweise bestens beraten.

Welche Mehrwerte machen ein modernes Mehrfamilienhaus besser vermietbar?

Der Begriff „Mehrwert“ ist weit gespannt und kann viele Wünsche des Auftraggebers beinhalten. Außerdem ist er gekoppelt an das vorhandene Budget, das der Bauherr ausgeben möchte. Aber schon im Standardwohnungsbau (Sozialer Wohnungsbau) sind viele Details möglich, die den Bewohnern Freude machen.


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