„Freiraum gestalten” – Architekt Enrico Amore im Interview

Schwerpunkt Landschaftsarchitektur

Worin unterscheidet sich der Landschaftsarchitekt von einem Garten- und Landschaftsbauer und für wen lohnt sich die Beauftragung?

Der Landschaftsarchitekt sowie der Garten und Landschaftsplaner entwickelt eine Idee und erarbeitet dann ein Konzept für eine Anlage. Er schafft die Ästhetik und das Gesamtbild, er löst technische Fragen, fertigt den Plan als Bauanweisung und stellt die Kosten zusammen. Während der Bauphase steht er dann dem Garten und Landschaftsbauer zur Seite, prüft die Leistungen und die Abrechnung. Der Garten und Landschaftsbauer setzt die Planung des Landschaftsarchitekten in die dreidimensionale Wirklichkeit um. Er hat die geeigneten Maschinen und Geräte sowie ausgebildetes Personal mit Erfahrung und Spezialisierung. Nach Vorgabe des Planers beschafft er Pflaster, Holz, Erde, Pflanzen sowie alle sonst benötigten Bauteile und baut die Gartenanlage.

Welche aktuellen Entwicklungen oder Trends gibt es in der Landschaftsarchitektur?

Aktuelle Trends findet man eher in Garten-Zeitschriften. Für den Unternehmer, der einen neuen Standort seines Unternehmens plant, sind dagegen die Anforderungen des Marktes, die Struktur der Mitarbeiter und ähnliche Aspekte maßgeblich. Wichtige Planungsziele können zum Beispiel sein, die Aufenthaltsqualität für die Mitarbeiter durch eine weiche angenehme Außenanlage zu optimieren. Das fördert nicht nur das ökologische Klima, sondern wirkt gleichzeitig identifikationsstiftend. Auf lokalpolitischer Ebene ist die Entwicklung und Aufwertung von Freizeit- und Erholungsangeboten ein wichtiger Aspekt, zum Beispiel in Kombination mit dem Wiederaufbau von ehemals industriell genutzter Landschaft. Ein Trend war hier der Rückbau von Gleisstrecken zu attraktiven Radwegenetzen. All dies sind originäre Arbeitsfelder der Garten und Landschaftsplanung.

Was zeichnet ein professionell gestaltetes Landschaftsareal aus?

Eine gute Planung zeichnet sich dadurch aus, dass man nicht spürt, dass hier etwas bewusst geplant und gestaltet wurde. Wenn all unsere Sinne angesprochen werden, dann ist eine Planung professionell. Jeder kennt solche Orte.

In welchen Bereichen sollten Bauherren bei der Landschaftsgestaltung auf keinen Fall sparen?

Nicht sparen sollte der Bauherr beim Gartenplaner, an der Idee, am Material, an der Bauweise. Kurz: Ein Bauherr sollte sich ganz grundsätzlich einen guten Planer und ein qualifiziertes Gartenbauunternehmen suchen.

Inwieweit spielt das Thema Nachhaltigkeit in der Landschaftsarchitektur eine Rolle?

Die Nachhaltigkeit gehört als Handlungsprinzip zu den Grundlagen unseres Berufsstandes. Denn ohne die „Erfindung“ der nachhaltigen Forstwirtschaft vor 300 Jahren wäre unser Kontinent heute quasi baumlos! Gute Planungen zeichnen sich durch lange Entwicklungszyklen aus, sie sind in allen Phasen des Wachsens attraktiv, nutzbar und unverwechselbar und sie sind für Generationen angelegt. Entsprechend werden große Anlagen und Parks oft als „Grüne Lunge“ oder als „Frischluftschneise“ bezeichnet; das Handeln der damaligen Garten und Landschaftsplaner hat also heutige Ansätze von Nachhaltigkeit schon vorweggenommen. Nachhaltigkeit ist somit gewissermaßen der Grundsatz einer guten Planung. Nicht umsonst heißt es: „Panta rhei – Alles fließt...“

Welche rechtlichen Vorgaben stellen sich bei der Gestaltung eines Gartengrundstücks bzw. einer Landschaftsfläche?

Da gibt es eine Menge an Regelungen, Gesetzen, Verordnungen, Normen und Vorschriften. Das fängt an mit Regelungen zur Regenwasserverrieselung auf dem eigenen Grundstück zur Wiederanreicherung des Grundwassers mit Regenwasser und reicht über die Festlegung der Überbaubarkeit von Grundstücken bis hin zu Verordnungen zum Schutz und Erhalt von Bäumen und Sträuchern. Der Garten und Landschaftsplaner thematisiert die verschiedenen Aspekte im Rahmen seiner Beratung und Planung und wird in schwierigen Fällen empfehlen, einen Fachmann hinzu zu holen.

Was sind die Abläufe bei einer individuell gestalteten Landschaft? Wie werden die Bauherren eingebunden, wie läuft eine Beratung ab?

Zu Beginn jeder Planung ist es für mich zunächst wichtig, meine Bauherren zuzuhören und alles über den Raum zu erfahren, der gestaltet werden soll. Kommt es zu einer Zusammenarbeit und ist eine Honorarvereinbarung getroffen, dann folgen weitere Gespräche über die Funktionen und Inhalte des Gartens sowie erste Skizzen und Ideen. Nach und nach entsteht so ein erster Entwurf, aus dem dann ein Arbeitsplan gefertigt wird, auf dessen Basis der Garten und Landschaftsbauer den Garten später bauen soll. Parallel dazu werden das Leistungsverzeichnis aufgestellt und Angebote eingeholt. Dabei empfehle ich immer, gute und bekannt leistungsstarke Unternehmen anzusprechen. Nach der Prüfung der Angebote kann ich dem Bauherrn dann einen Vorschlag unterbreiten, wer den Garten bauen soll.

Wie geht es dann weiter...?

Anschließend beginnt dann die Gartengestaltung. Dabei treffe ich mich regelmäßig mit dem Gartenbauunternehmer vor Ort, um anstehende Fragen zu besprechen. Parallel dazu erfolgen die Rechnungsstellung und -prüfung entsprechend dem jeweiligen Baufortschritt. Ist das Projekt fertiggestellt, dann hat der Bauherr nicht nur einen schönen Garten bekommen, sondern auch die Sicherheit, dass alles richtig und sorgsam geplant und gebaut wurde; und dass es darauf auch eine Gewährleistung gibt.

Wie können Eigentümer eine fachgerechte Ausführung der Gestaltung erkennen? Und wie verhält sich ein Auftraggeber richtig, wenn er meint, einen Mangel bei der Ausführung zu erkennen?

Ohne Vorbildung kann ein Bauherr die Ausführung der Gestaltung nicht beurteilen. Darauf sollte er sich auch nicht einlassen! Die Bauherrschaft hat den Planer bzw. Architekten als Experten mit der Planung und Überwachung der Herstellung der Gartenanlage beauftragt. Deshalb sollte er alle Fragen bezüglich der Ausführung mit ihm besprechen. Der Planer bzw. Architekt wird den Fragen und Unsicherheiten dann auf den Grund gehen.

Landschaftsarchitektur als Imagefaktor: Welche Rolle spielt die professionelle Landschaftsgestaltung für Unternehmen und die Gestaltung ihrer Standorte?

Das richtet sich ganz nach der Philosophie des Unternehmens. Aber eine gute und professionell ausgeführte Landschaftsgestaltung wirkt in aller Regel auch auf das Image eines Unternehmens und drückt zum Beispiel soziale Kompetenz und Verantwortung aus. Ebenso strahlt der Charakter einer Außenanlage auch in das Unternehmen hinein.

Welche Herausforderungen stellen sich bei der Gestaltung öffentlicher Spielplätze?

Wie gesagt: Gute Planungen haben lange Entwicklungszyklen und sind in allen Phasen des Wachsens attraktiv, nutzbar und unverwechselbar. Das gilt auch und gerade für Spielplätze. Denn ein Spielplatz ist nicht nur eine „Sonderbewegungsfläche“ im bebauten Raum. Er ist ein multifunktionaler, alters- und generationsübergreifender, multikultureller Kommunikationsraum und Treffpunkt schlechthin. Bei der Planung müssen unter anderem die Sicherheit und der Spielwert der Anlage bedacht werden.