„Bauen im Bestand für moderne Nutzung” – d3 Architekten im Interview

Architekten.de Redaktion     |     Aktualisiert am: 8. Dezember 2020
Lesezeit:  Minuten

Schwerpunkt Bauen im Bestand

Welche besonderen Herausforderungen bietet das Bauen im Bestand und welches Ziel verfolgen Sie dabei?

Wir erleben es immer wieder als Herausforderung, historische Bausubstanz weitgehend zu erhalten und gleichzeitig eine moderne Nutzung sowie einen minimierten Energiebedarf zu ermöglichen. Aktuell sind wir zum Beispiel dabei, die Fassaden des zum Weltkulturerbe Speicherstadt zählenden ehemaligen Hauptzollamtes 4 in Hamburg zu sanieren. Es ist eine Menge Detailwissen erforderlich, um hier ein gutes Ergebnis zu erzielen.

Welche Anforderungen müssen Sie in energetischer Hinsicht umsetzen?

Das hängt ganz von dem jeweiligen Objekt ab. In der Regel setzen wir auf ein Zusammenspiel von adäquaten Dämmmaßnahmen und effektiven Technologien bei größtmöglichem Einsatz regenerativer Energien. Unser oberstes Ziel dabei ist es, den stadtbildprägenden Bestand so weit wie möglich zu erhalten. Statt ein schützenswertes Gebäude mit dicken Dämmschichten zu überziehen und damit optisch zu verändern, kann es sinnvoller sein, die obersten Geschossdecken sowie die Kellerdecken zu dämmen, hochwertige neue Fenster einzusetzen und die Wärme- und Stromversorgung effektiv und regenerativ zu gestalten. Zu diesem Thema habe ich Mitte 2015 einen Vortrag bei der Hamburger Fachtagung „Zuhause in der Stadt“ gehalten.

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Ist eine solche Sanierung nicht deutlich teurer?

Nein, im Gegenteil: Die Kosten für einen solchen Umbau sind in der Regel sogar geringer als bei einer ‚Standardmodernisierung‘ von Wohnbauten aus den 1920er-, 1930er oder 1950er-Jahren, vorausgesetzt ich betrachte sowohl Investitions- als auch Betriebskosten. Als „Qualitätssicherer Backstein“ der Investitions- und Förderbank Hamburg (IFB) sind wir dafür verantwortlich, dass diese stadtbildprägenden Bauten bei anstehenden Sanierungen auch ohne Denkmalschutz so weit wie möglich ihren Charakter behalten. Im Zusammenspiel mit allen Beteiligten sind hier vernünftige Kompromisse nötig und möglich.

Wie hat sich dieser Schwerpunkt bei Ihnen ergeben?

Der hat sich im Verlauf der Zeit entwickelt. Schon zu Beginn unserer beruflichen Tätigkeit haben wir zum Beispiel umweltschonende Verkehrsmittel geplant, denkmalpflegerische Gutachten und bereits Ende der 1980er Jahre erste energetische Quartiersgutachten und Energiefachpläne erstellt. Darauf aufbauend haben wir dann immer stärker energetische Beratungsinstrumente entwickelt und eingesetzt.

Welche Anforderungen stellen sich an die Baustoffauswahl?

Die bestehenden Vorschriften decken gesundheitliche bereits weitgehend ab – ökologische und (alt-) substanzverträgliche Aspekte dagegen weniger. Wir versuchen daher, so wenig wie möglich künstliche, ölbasierte Produkte und möglichst viele mineralische Materialien zu verwenden.

Welche Herausforderungen stellen öffentliche Bauwerke?

Das lässt sich schwer verallgemeinern und hängt ganz vom Zweck des betreffenden Gebäudes ab. Ganz generell geht es aber darum, bei der Planung die unterschiedlichsten Akteure wie Nutzer, Auftraggeber, Fachingenieure sowie die Fachabteilungen der Auftraggeber einzubinden und abgestimmte Ergebnisse herbeizuführen.

Welches Potenzial bieten Siegel und Zertifikate zum nachhaltigen Bauen?

Zertifizierungen sind das Ergebnis eines Qualitätssicherungsprozesses. Sie führen grundsätzlich zu einem erhöhten Ausführungsstandard. Der Markt der möglichen Siegel ist zur Zeit sehr vielfältig. DGNB und Leeds sind hier die bekanntesten auf dem europäischen Markt umgesetzten Siegel. Wünschenswert wäre an dieser Stelle eine Vereinheitlichung. Wichtiger aber ist aus unserer Sicht der Prozess der Qualitätssicherung selbst. Er beginnt bei der Bestandsaufnahme und Konzeptentwicklung. Die qualitätssichernde Begleitung erstreckt sich weiter über die Planung und Bauausführung bis hin zur Erfolgskontrolle. Wir sind seit über zehn Jahren in allen diesen Bereichen in mehreren hundert Projekten tätig. Die Dokumentation dieser Prozesse durch Siegel und Zertifikate zeigt im Ergebnis eine ganz erhebliche Qualitätssteigerung durch mehr Effektivität der eingebauten Konstruktionen und Systeme; und sie bietet damit eine spürbare Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des neu erstellten oder modernisierten Gebäudes.


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